Samstag, 15. September 2007

Prügel in der Waldorfschule

Strafe muss sein

Gewalt in der Schule gibt es nicht nur an großstädtischen Hauptschulen, Realschulen, altsprachlichen Gymnasien, Gymnasien mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt, Gesamtschulen, Waldorfschulen, Berufschulen, Waldschulen, Fahrschulen und Hochschulen, "sondern" auch in Westdeutschland. So wurden vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) in Hannover 20.000 Schüler und Waldorfschüler befragt.

Zur Gewalt unter Schülern haben sich laut KFN-Studie folgende Befunde ergeben:

"Bei einfachen Körperverletzungsdelikten zeigen sich in der Tat zu Waldorfschulen im Vergleich aller Schultypen die höchsten Opferraten. Dies gilt jedoch nicht, wenn wir die Gesamtopferquote in Bezug auf alle erfassten Gewaltdelikte betrachten. Dann liegen die Waldorfschüler mit 28,9 Prozent im Durchschnitt aller Schulen [...] Zu den Waldorfschulen hat sich mit 24,2 Prozent die niedrigste Rate von Gewalttätern ergeben. [...] Offenkundig ist es so, dass an Waldorfschulen eine vergleichsweise kleine Gruppe von gewalttätigen Schülern als Mehrfachtäter von einfachen Körperverletzungen aktiv ist. Dieser Befund hat uns nicht überrascht. Auffallend ist nämlich, dass Waldorfschüler am häufigsten aus zerrütteten Familienverhältnissen kommen, d. h. nicht mit beiden Eltern zusammenleben (36,1 % im Vergleich zum Durschnittswert aller Schulen von 29,6 %). Unsere Datenanalyse hat gezeigt, dass es gerade Schüler aus solchen Familien sind, die an den Schulen besonders häufig mit Gewalttaten auffallen. Umso bemerkenswerter erscheint es, dass sich zu Waldorfschulen ein weiterer überaus positiver Befund ergeben hat: dort beklagen sich die Schüler am seltensten über massisves verbales Mobbing durch Mitschüler [...]. Dies spricht für ein weitgehend friedliches Schulklima."

Zur Gewalt von Lehrern gegenüber Schülern gibt es vom KFN in Hannover keine separate Untersuchung. Dennoch gibt es "dazu" einiges zu sagen.

Der renommierte Waldorfpädagoge Rüdiger Iwan sieht ganz klar, was in solchen Fällen zu tun ist:

"Die Grundfrage muss doch lauten: wie aktiviere ich Kinder und Jugendliche, damit sie aus dem eigenen Können heraus sich selbst in Bewegung setzen?"

Rüdiger Iwan hat den Begründer der Waldorfschule, Rudolf Steiner, nicht mehr persönlich kennengelernt. Rudolf Steiner starb 1925, Rüdiger Iwan wird natürlich auch eines Tages sterben, aber er ist noch jung und er hat ein wegweisendes Buch geschrieben. Es trägt den Titel "Die neue Waldorfschule. Ein Erfolgsmodell wird renoviert", ist 2007 im Rowohlt Verlag erschienen und wird von anthroposophischen Buchhandlungen (anthro-libri.de) in der Rubrik Pädagogik geführt. Hinter dem Epochen-Prinzip an Waldorfschulen verberge sich ursprünglich ja der Ansatz, den Unterricht nicht von der Bequemlichkeit der Erwachsenen, sondern von den Bedürfnissen der Kinder her einzurichten, so Rüdiger Iwan.
"Epoche heißt, etwas zur Lebensepoche, zum Lebensthema für ein Kind zu machen, weil es wirklich zur Entwicklung des Kindes gerade passt und es sich damit beschäftigen will. Wenn ich daran anknüpfen kann, wenn ein Kind das ausleben darf aus einer tieferen Schicht seines Seins heraus, dann werden ungeahnte Kräfte frei. Also nach innen begründet es das Prinzip: Erziehung vom Kinde her."

Kommt es zu Handgreiflichkeiten "zwischen" Kindern, so sollte ein Erwachsener heute im Jahr 2007 anders reagieren als es noch vor Jahrzehnten üblich war. Damals, also Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre, galt eine Ohrfeige, eine "wortlose, direkte Aktion" (Erich Gabert 1951) nicht nur an großstädtischen Hauptschulen in weniger gut situierten Stadtteilen, sondern auch an Waldorfschulen als eine legitime Erziehungsmethode.

Der entscheidende Nachteil dieser probaten Erziehungsmethode besteht darin, dass es den Schülern nicht gut tut, geschlagen zu werden. Es mag "allerdings" Lehrer nicht nur an staatlichen Regelschulen, sondern auch an Schulen in freier Trägerschaft geben, die das Schlagen deshalb unterlassen, weil es verboten ist, Schüler körperlich zu züchtigen.

Darauf ist der Spiegel (16.09.2006) letzten Sommer "gar" nicht eingegangen, als er von Lehrern berichtete, die sich wegen Schlagens oder Ohrenziehens vor Gericht verantworten mussten. Diese Lehrer gehörten einer Schule an, die sich Waldorfschule nennt, aber schon vor 20 jahren vom Bund der Freien Waldorfschulen (BdFW) wegen diverser Differenzen ausgeschlossen worden war. Aber auch zwischen Waldorfschulen, die ganz regulär zum BdFW gehören, sind durchaus inhaltliche d. h. pädagogische wie auch administrative d. h. die Schulverwaltung betreffende Differenzen erkennbar.

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