Freitag, 28. September 2007

Schrecklicher Verdacht

Eine verkannte Kompetenz läuft Amok

Ach wie nett, wie wundersam beglückend: Unser NWA vergleicht hier Rudolf Steiner mit Adolf Hitler, seine Schriften mit "Mein Kampf", den Rudolf-Steiner-Verlag mit der NPD. Ferner werden die Anthroposophen allgemein und der Sprecher der Berlin-Brandenburgischen Waldorfschulen im Besonderen des Lügens bezichtigt. Und last but not least wird auch noch die Bundesprüfstelle öffentlich verhöhnt.
Danke für die Blumen!

Ähem, kann man NWA eigentlich von der Steuer absetzen, - als außergewöhnliche Belastung?

Aber wenn schon NWA in so netter und höflicher Plauderlaune ist, dann will auch unser Blog nicht hinter dem Berg halten. NWA II kam zu Ohren, dass sich einige besorgte Bundesbürger nach Veröffentlichung oben genannten Beitrags nicht mehr länger dieses schrecklichen Verdachtes erwehren konnten:
Kann es weiterhin bezweifelt, geleugnet werden, dass NWA bei ihm methodisch in die Schule ging und sein verbotenes Buch lernbegierig gelesen hat?

NWA stellte bereits in mehreren Beiträgen dar, dass er ein entschiedener Befürworter einer Indexierung von Büchern von Rudolf Steiner sei, da diese einen schlechten Einfluss auf Jugendliche hätten. Dass er vermutlich auch ein Gesamtverbot aller Werke von Rudolf Steiner eifrig befürworten würde, kann zumindest vermutet werden, mag aber vorerst außen vor bleiben. Worum ging es konkret? Die Bundesprüfstelle musste darüber entscheiden, ob zwei Bücher von Rudolf Steiner, die einige aus heutiger Sicht rassistische Äußerungen enthalten, jugendgefährdend seien. Die Bundesbehörde musste dies prüfen, weil sich ein besorgter Bürger (vermutlich entweder NWA selbst, der gefrustete Ex-Waldorfseminarist Andreas Lichte, die Nachwuchs-Gender-Wissenschaftlerin Jana Husmann-Kastein oder der jungleworld-Weltanschauungsbeauftragte Peter Bierl) mit dieser Anfrage an das Bundesfamilienministerium wandte, welches rechtlich dazu verpflichtet war, die Bundesprüfstelle mit der Prüfung zu beauftragen.

Die Entscheidung fiel dann so aus:



... dass die vorgelegten Bücher Elemente aufweisen, die aus heutiger Sicht als rassistisch zu bewerten sind. Von der Indizierung wurde jedoch abgesehen, da der betroffene Verlag in der Sitzung zugesichert hat, die jetzigen Bücher innerhalb eines Zeitraums von einem halben bis spätestens einem Jahr durch eine kritisch kommentierte Neuauflage zu ersetzen bzw. als Sofortmaßnahme den bis dahin ausgelieferten Exemplaren ein entsprechendes Beiblatt beizufügen.

Es ist eine sinnvolle, nachvollziehbare und vernünftige Entscheidung, die in dieser Form auch bereits früher angeregt wurde. NWA entrüstet sich nun über die Entscheidung der Bundesbehörde und unterstellt ihr eine "spirituelle Logik". Bei NWAs Einschätzung bezüglich Spiritualität, die er bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit unverschämt zum Besten gibt, kann man seine Äußerung eigentlich gar nicht anders deuten, als dass er die fachliche Kompetenz der Bundesprüfstelle in Frage stellt.

Folgende Fragen stehen hinter NWAs Kritk an der Bundesprüfstelle:
a) Werden die Anthroposophen zu sanft behandelt?
b) Ist dem Rudolf-Steiner-Verlag zuzutrauen, die Entscheidung der Bundesprüfstelle objektiv, dem heutigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis und historisch-kritischen Kommentierung entsprechend durchzuführen?

Nach NWAs Auffassung ist Frage a) mit Ja zu beantworten, Frage b) mit einem entschiedenen Nein. Damit wird der Bundesbehörde einerseits, dem Verlag andererseits Inkompetenz unterstellt. Alle sind nicht kompetent. Außer einem. Das NWA ist Einwohner eines geistigen Landes innerhalb desselben Landes wie diejenigen, die nicht kompetent sind, aber es ist kompetent, denn es ist eingeweiht in die Mysterien der Kompetenz, und es möchte uns beweisen, dass es dies ist, indem es in der nichtmaterialistischen Welt eine Ersatzschule in Form eines Blogs unterhält. NWA – du bist einfach einzigartig (jedenfalls hofft dies der Rest der Menschheit).

NWA ist seiner Auffassung nach nicht nur einzigartig kompetent, sondern es hat auch Ideale. Stimmt. Exklusiv bei NWA II gibts noch eine Enthüllung obendrauf: Es geht ihm bei der ganzen Sache überhaupt nicht um den Kampf gegen den Rassismus. Es geht ihm nämlich in Wirklichkeit um etwas umfassenderes, "ums Ganze" eben, nämlich um die Diffamierung der Anthroposophie insgesamt, und dabei dient ihm der Antirassismus nur als billiges Baseballschlägerlein. Immerhin: Sein veröffentlichter Gang der Wahrheitsfindung ist trotzdem keineswegs als unnütz zu erachten, kann er dem Leser doch als Anschauungsmaterial für "demagogische Logik" dienen (Steiner = Hitler, Hitler = verboten, Steiner = nicht verboten, Bundesprüfstelle = inkompetent). Das vielleicht tragischste an dem Ganzen aber scheint uns dieses zu sein: Dass auf diese Weise diejenigen Menschen, denen der Kampf gegen den Rassismus ein eigentliches, ein ernsthaftes Anliegen ist, und unter denen sich nicht ohne Grund auch Anthroposophen hervortun, vor den Karren von Bemühungen gespannt werden, deren Ziel es in Wahrheit nur ist, Anthroposophie und Waldorfpädagogik aus Gründen weltanschaulicher oder rein persönlicher Motivation zu schädigen.

Wie sagten doch gleich die (den Anthroposophen angeblich so ähnlichen) Nationalsozialisten 1934, welche – wie NWA - entschiedene Anti-Anthros waren: "Es hat keinen Sinn mit Anthroposophen zu verhandeln. Mit Bakterien verhandelt man nicht, man vernichtet sie" (vgl. dieses von Helmut Zander gelobte Werk).

Der Fairness halber stellt NWA II fest, dass NWA I in seinem Beitrag immerhin eine schlaghaltige Kritik gelungen ist. Dass Detlev Hardorp seine eigene Einschätzung bezüglich der Rassismen in Rudolf Steiners Gesamtwerk ausgerechnet mit einem Verweis auf die Deutung Helmut Zanders untermauert, mag man als verfehlt ansehen. Zander entwirft allerdings ein differenzierteres Bild von der Problematik und sieht Steiner nicht als Rassisten an, und versteht auch sehr wohl, dass aus anthroposophischer Binnenperspektive heraus, die das Gesamtwerk in den Blick nimmt, die besagten Passagen durch andere Steiner-Aussagen zumindest relativiert werden. In der Außenperspektive bleibt diese Problematik jedoch bestehen und die besagten Textpassagen sind nach Zander als konsequenter Ausfluss eines Evolutionsdenkens zu werten, das Steiner - nach Zander - beeinflusste. Detlev Hardorp hat sich wohl zu Unrecht auf Zander berufen, aber das scheinbar naive Verweisen auf geisteswissenschaftliche Deutung, die von der Exaktheit der Quellenarbeit durchaus getrennt werden muss, wirft auch einen interessanten Blick auf NWA, das entweder von Geschichtswissenschaft wenig Ahnung hat, oder ihre Ergebnisse eben nach gusto für seine eigenen Ziele argumentativ missbraucht.

Dass es die niederländische Studie unter Leitung des Menschenrechtsexperten Ted van Baarda, die sich an international anerkannten juristischen Kriterien gegen Diskriminierung orientierte und Steiners Aussagen kritisch in den zeitgenössischen Kontext einordnete, mit einigen wenigen Worten durch den Schmutz zieht, und gar mit Verweis auf Lügenbaron Münchhausen abtut, offenbart wiederum um so mehr seine wahre Motivation, die überhaupt nichts mit Antirassismus zu tun hat, sondern mit Antianthroposophie und in ihrer abgrundtiefen Menschenverachtung ein geradezu schockierendes Licht auf NWAs geistige Verfassung wirft.

Allerdings sieht NWA II auch einen Positiveffekt an der Diskussion, die durch die Medien ging. Anthroposophen müssen auf diese Weise Stellung zu den kritisierten Textpassagen beziehen, und sich für eine historische Kontextualisierung Steiners öffnen.


Wenn man ständig NWA hinterher fliegen muss, der irgendwo in seiner persönlichen "Geistigen Welt" herumflattert, so möchte man sich jedoch nicht endlos in seinem Luftraum bewegen (sonst wird man auch noch blöde), sondern muss wieder auf den Boden landen, mitten im normalen, handfesten Alltagsleben.

Eines ist jedoch noch festzustellen: Diese aus heutiger Sicht rassistischen, tatsächlich diskriminierenden Textstellen in Steiners Werk, machen keineswegs den wesentlichen Inhalt der Anthroposophie aus, und spielen auch keine Rolle für die in den anthroposophischen Arbeitsfeldern stehenden Menschen.

Gelandet! Aussteigen!

1 Kommentar:

MHC hat gesagt…

Ach ja, die ewigen Angriffe... und wann, bitteschön, wird die Bibel verboten? Dort wird das Untergeordnetsein der semitischen Rasse postuliert, ebenso wie die Ungleichheit der Frau, ganz zu schweigen vom Aufruf, Homosexuelle zu töten. DAS dürfen Jugendliche ungefiltert lesen... Man sollte vielleicht auch da überall Zettel beilegen, wo's mit unserer Welt nicht zusammenpaßt.