Samstag, 3. November 2007

Rudolf Steiners Verlag

Fortgesetzte Langeweile im Zollernalbkreis

Michl Grandt - bekannt durch den hinten gleichnamigen Bruder Guildo - ist auch nur ein Mensch. Ihm ist, wie anderen Menschen, oft sehr langweilig. Stricken hatte er bereits versucht - mit nur mäßigem Erfolg. Die Koizucht ist eingegangen, Briefmarken gibt's keine schönen mehr und die Playstation befriedigt einen Intellektuellen vom Schlage Grandts höchstens mal zehn Jahre lang. Also nutzt er die Gunst der durch den Indizierungsantrag gegen Steiner uffjerechten Stunde und erstattet bei der Kripo Balingen Strafanzeige wegen Volksverhetzung und Rassendiskrimierung gegen den Rudolf-Steiner-Verlag in Dornach/Schweiz.
Sicherlich begründet Grandt seine Strafanzeige irgendwie. Vermutlich sogar so hervorragend, dass er nicht einmal umgehend an das zentrale Fundbüro des Kantons Solothurn weiter verwiesen wird, das wohl eigentlich für alte Klamotten aus dem Raum Dornach zuständig ist.
Wie auch immer: Jedenfalls scheint Herr Grandt ein Buch gelesen zu haben. Und zwar Rudolf Steiners Gesammelte Aufsätze zur Literatur 1884-1902 (zur Erläuterung: 1884-1902 ist lange her). Das ist besonders löblich - auch wenn der Trend in der kulturellen Elite inzwischen zum Zweitbuch geht. In diesem Buch ist Mick Grandt auf eine völlig unbekannte Passage gestoßen - ganz so, wie es einem geschehen kann, der sich lesend eines Buches zu bemächtigen sucht. Die Passage - ich kann sie inzwischen auswendig - lautet:



"Was aber hat die Kritik aus diesem ‚Homunkulus' gemacht? Sie hat ihn herabgezerrt in den Streit der Parteien, und zwar in die widerlichste Form desselben, in den Rassenkampf. Es ist gewiss nicht zu leugnen, dass heute das Judentum noch immer als geschlossenes Ganzes auftritt und als solches in die Entwicklung unserer gegenwärtigen Zustände vielfach eingegriffen hat, und das in einer Weise, die den abendländischen Kulturideen nichts weniger als günstig war. Das Judentum als solches hat sich aber längst ausgelebt, hat keine Berechtigung innerhalb des modernen Völkerlebens, und dass es sich dennoch erhalten hat, ist ein Fehler der Weltgeschichte, dessen Folgen nicht ausbleiben konnten. Wir meinen hier nicht die Formen der jüdischen Religion allein, wir meinen vorzüglich den Geist des Judentums, die jüdische Denkweise. Der Unbefangene hätte nun glauben sollen, dass die besten Beurteiler jener dichterischen Gestalt, die Hamerling der eben berührten Tatsache gegeben hat, Juden seien. Juden, die sich in den abendländischen Kulturprozess eingelebt haben, sollten doch am besten die Fehler einsehen, die ein aus dem grauen Altertum in die Neuzeit hereinverpflanztes und hier ganz unbrauchbares Ideal hat. Den Juden selbst muss ja zuallererst die Erkenntnis aufleuchten, dass alle ihre Sonderbestrebungen aufgesogen werden müssen durch den Geist der modernen Zeit. Stattdessen hat man Hamerlings Werk einfach so hingestellt, als wenn es das Glaubensbekenntnis eines Parteigängers des Antisemitismus wäre."


Grandt sieht in diesem Passus nun alle Straftatbestände der Volksverhetzung und der Rassendiskriminierung erfüllt. Denn es ist ganz klar: Erstens haben wir es mit einer diskriminierten Rasse zu tun - der jüdischen Geistesart. Zweitens ist es natürlich eine aus reinem Hass geborene Volksaufstachelung sondergleichen, wenn einer wie Steiner im ausgehenden 19. Jahrhundert daherkommt und inmitten einer von antisemitischen Tiraden bereits deformierten Gesellschaft die Assimilation der Juden in die abendländische Kulturwelt fordert.

Betroffen von den Auswirkungen dieser entzückenden Kaffeefahrt eines im Sinkflug begriffenen Intelligenzquotienten sind neben dem Steiner-Verlag übrigens auch zwei (sic!) deutsche Buchhandlungen, die den genannten Band der Steiner-Gesamtausgabe frei verkaufen und die aus diesem Grund in Grandts Strafanzeige einbezogen wurden.
Entweder ist es der ungeheuren Dringlichkeit der Mission geschuldet, dass Grandt nicht viel Zeit für Recherchen hatte oder der Mann kann einfach nur bis zwei zählen, so dass ihm entgehen musste, dass neben dem anthroposophischen Szenebuchversand Amazon schätzungsweise mehrere hundert Literatur-Dealer in Deutschland den Steiner-GA-Band 32 interessierten Kunden über dem Ladentisch zum Kauf anbieten.

Die Geschichte ist damit allerdings noch nicht zu Ende, denn dem guten Mick ist anscheinend wirklich langweilig. Auf den auch andernorts zu findenden oben stehenden satirischen Kommentar hin bekam dessen Autor am 23. Oktober eine E-Mail. Meister Grandt muss an jenem Morgen einen Clown gefrühstückt haben, denn dieser elektronischen Post ist folgendes zu entnehmen ("Grammatik" und "Orthographie" in Originaltreue):


"Sie haben Glück, dass ich mich aufraffe, auf Ihr Geschmiere, das jeden journalistischen Grundsätzen entbehrt, ehrverletzend und rufschädigend wirkt, überhaupt antworte, aber ich habe Spaß daran, mich mal auf Ihr Niveau zu begegeben. Und Achtung, jetzt begebe ich mich auf Ihr Niveau: "Sie sind bestimmt auch so ein ausgemergelter, Müsli-essender, verknöcherter Versteinerte, der nicht genug Arsch in der Hose hat, mit einem Kritiker mal Auge in Auge zu diskutieren und zwar sachlich und nicht beleidigend und diffamierend, was ja für Ihre 'Sekte' spricht.? Ich bin gespannt, ob Sie genug E... in der Hose haben, diesen Leserbrief zu veröffentlichen?"

Habe ich, Herr Grandt. Gar kein Problem. Und da es sechs waren, die ich nach dem letzten Einkauf dort ganz vergessen hatte (vgl. Unbefleckte Fortpflanzung), reicht der Rest sogar noch für den Pfannkuchenteig.

(Veröffentlichung bei den Nachsichten mit freundlicher Genehmigung des Autors)

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Grammatik und Ortgrefaie der teutschen Sprach sind Dir Felix ganz schön ans Herz gewachsen. Klasse, dass Du Dich dafür einsetzt und auch sonst.....Danke!
FN